Entwicklung und Verbreitung der Gemeinschaft

Durch die Einbindung in die Christenlehrbewegung und die damit verbundene Umstrukturierung sind die Ursulinen noch ein weiteres Stück von der ursprünglichen Absicht Angela Mericis abgerückt. Andererseits werden sie nun die wichtigsten weiblichen Träger der katholischen Reformbewegung nach dem Konzil von Trient.

In einem Regionalkonzil der Erzdiözese Mailand fordert Kardinal Carlo Borromeo 1576 alle seine Bischöfe zur Gründung von Ursulinengemeinschaften auf. Daraufhin entstehen in vielen Städten Norditaliens als unabhängige Gemeinschaften.

Besondere Bedeutung für die Ausbreitung der Ursulinen hat die Gründung von Ferrara. Dort entsteht eine neue Regelfassung, die jedoch die offizielle Leitung weiterhin bei den Frauen lässt. Diese Regel von Ferrara wird die Grundlage für die Gründungen in Frankreich.

Im Zuge der Christenlehrbewegung kommt es zu einer ersten Gründungswelle auch außerhalb der Grenzen Italiens. Besonders günstige Voraussetzungen sind in Avignon gegeben, denn die Stadt ist päpstliches Territorium innerhalb der Grenzen Frankreichs.

Die ersten französischen Ursulinen widmen sich ebenfalls dem Katechismusunterricht verbunden mit einer Unterweisung in den Elementarfächern Lesen, Schreiben, Rechnen und Handarbeiten. Die Frauen leben zunächst einzeln, ziehen aber bald zusammen, um ihre Aufgaben besser erfüllen zu können.

Nach der Gründung in Avignon bilden sich auch in vielen anderen Städten Frankreichs Frauengruppen, die die Ursulinenregel annehmen. Im Vordergrund stehen für diese Gemeinschaften jeweils die seelsorgliche Aufgabe und die religiöse Unterweisung, nicht das Gemeinschaftsleben. Die Schwestern legen einfache Gelübde ab und leben ohne Klausur zusammen. Besonders bedeutsam für die weitere Entwicklung werden die Gründungen in Bordeaux und Paris.

In Bordeaux kommt es von bürgerlicher wie von kirchlicher Seite zur Kritik an der freien Lebensweise der Schwestern, so dass Eltern ihren Töchtern verbieten, sich den Ursulinen anzuschließen. In diesen Auseinandersetzungen wächstbei den Schwestern der Wunsch zur Umgestaltung der Gemeinschaften in einen monastischen Orden. Dabei spielt neben dem Bedürfnis nach öffentlicher Anerkennung auch der Zug jener Zeit nach Mystik und Verinnerlichung eine entscheidende Rolle.

Bei der Entwicklung in Paris entsteht durch den dortigen karmelitischen Einfluss ein Kloster mit strenger Klausur. Die Mitglieder der Gemeinschaft legen feierliche Gelübde ab und verpflichten sich durch ein zusätzliches Gelübde zur Erziehungstätigkeit. Sie leben nach einer Regel, deren wesentlicher Teil nicht mehr die Angela-Regel, sondern die Ordensregel des heiligen Augustinus ist.


Ursulinenklöster in Frankreich, gegründet 1612 - 1676


Carlo Borromeo