Auf meinem Schreibtisch liegt eine Stimmgabel. Nein, ich bin musikalisch ziemlich unbegabt. Ich brauche die Stimmgabel nicht zum Anstimmen, nicht zum Stimmen und auch nicht zu klangthera-peutischen Zwecken. Sie liegt da, um mich zu erinnern…

Ich mute Ihnen einen Gedankensprung zu: In meinem Urlaubs-gepäck hatte ich ein Buch "Papst Franziskus - Texte, die ihn präg-ten", herausgegeben von Michael Sievernich SJ. In der Sammlung findet sich ein Text von Hans Urs von Balthasar: "Die Wahrheit ist symphonisch". Die Kirche als Symphonie, als Zusammenklang von vielen verschiedenen Stimmen und Instrumenten - so stellt sich auch der Papst die Kirche vor. Dieses Bild spricht mich an und bewegt mich. Sicher auch, weil es meiner Vorstellung von Kirche, Gemeinde und Gemeinschaft entspricht. Sicher auch, weil ich als Ursuline in einer Tradition lebe, die Vielfalt geradezu hervorbringt und sich bemüht, Einheit in Vielfalt zu leben. Oder muss es Vielfalt in Einheit heißen?

Erfahrungsgemäß gelingt Einheit in Vielfalt am besten, wenn sich viele dem symphonischen Prinzip verpflichtet wissen. Es gelingt am besten, wenn Instrumente aufeinander eingestimmt sind. Es ge-lingt am besten, wenn Jede(r) sein Instrument spielen, seine Möglichkeiten einbringen kann. Das geschieht, wenn ich auf die anderen (Mitschwestern, Mitarbeiter, Kollegen) eingestimmt bin. Dazu muss ich selbst gut gestimmt sein. Bin ich das jetzt gerade? Daran erinnert mich die Stimmgabel auf meinem Schreibtisch.

Sr. Angela Maria Antoni osu, Straubing

 

Mein letztes Wort, das ich an euch richte und
mit dem ich euch aus tiefstem Herzen bitte, ist dies,
dass ihr einmütig seid, alle in einem Herzen und
einem Wollen miteinander vereint.
Seid untereinander durch das Band der Liebe verbunden,
indem ihr einander schätzt, euch beisteht
und einander ertragt in Jesus Christus.

Angela Merici; aus dem letzten Gedenkwort

 

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