Bei einem Spaziergang in der Nähe des Königssees traf ich auf diese Baumgruppe: zwei Stämme untrennbar nebeneinander und inein-ander gewachsen; einer verdorrt, ein anderer zu einem großen, grünen Nadelbaum emporgewachsen. Mir kam in den Sinn, dass es auch in meinem Leben viele solche „Baumgruppen“ gibt: Auf der einen Seite Ziele, die ich nicht erreicht habe oder Träume, die geplatzt sind. Manches im Leben, was mir einmal sehr wichtig war, wird zu einem verdorrten Baum, der in ein malerisches, ausgewogenes Panoramabild nicht so recht passen will. Lenke ich den inneren Blick nur einen Zentimeter nach links – oder nach rechts -, dann ist da auch der andere Baum: das, was sich (vielleicht unerwartet) gut entwickelt hat.

Das Beste fand ich an dieser Gruppe die Bank zwischen beiden Stämmen: Sie bot uns Platz zum Ausruhen. Sie ist für mich ein Bild dafür, dass ich die Misserfolge vielleicht brauche, um in Balance zu bleiben, um zur inneren Ruhe zu finden. Ich muss sie nur integrieren. Ohne sie gäbe es vielleicht keine Erfolge. Ohne sie gäbe es vielleicht kein Wachstum, weil es dem Erfolg an Stabilität fehlen würde. Schön ist auch der Gedanke, dass die Bank – also mein Leben – Platz für andere bietet. Wahrscheinlich würde ein Mensch unausstehlich, wenn ihm immer alles gelingen würde. Aber zwischen beidem findet sich ein angenehmes Plätzchen zum Ausruhen, für mich – und für andere.

„Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“ (Joh 15,5)

Dr. Ursula Bleyenberg, Bad Tölz

 

Die Armen aber
werden Trost und Stärkung erfahren.

Angela Merici, 5. Gedenkwort


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