"Auf ein Wort ..."

Narben aus Gold

 

„Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eindringt.“ (Rumi)

Immer wieder fasziniert mich dieser Satz von Dschalal ad-Din Mujammad Rumi, dem bekanntesten Dichter und Mysiker des Mittelalters.

Immer wieder in meinem Leben, in den Momenten der Trauer, des Abschieds, der Brüche, der Schwachheit gibt mir dieser Satz Kraft. Er zeigt mir, dass von unseren Brüchen Licht ausgeht, dass unsere Schwachheit uns stärker macht. Er zeigt auf, dass Begegnung dann besonders wertvoll wird, wenn wir uns unsere Wunden zeigen.

Vor einigen Jahren stieß ich auf eine alte japanische Kunstform, das „Kintsugi“: Lieb gewordene Gegenstände werden sorgfältig mit Gold-Kleber geklebt und weiterverwendet.

Damals erlebte ich eine Krise, die ich lange als Bruch empfand. Als einen Bruch, den ich nicht wollte, den ich nicht verstand, der nicht zu meinem Leben gehörte.

Heute kann ich sagen, dass dieser „Bruch“ mich zu der gemacht hat, die ich heute bin. Seitdem verstehe ich, dass Brüche, Ecken und Kanten, Verletzungen und Niederschläge nicht nur zum Leben gehören, sondern vielmehr „vergoldet“ werden können. Dass sie uns auf Dauer nicht schwächer machen, sondern reicher – und dass sie eine Brücke werden können zu den Menschen um uns herum und zu denen, mit denen wir leben.

Und passt dieses Wort nicht wunderbar zu dieser Zeit zwischen Ostern und Pfingsten - einer Zeit, die noch erschüttert ist von den Ereignissen um Tod und Auferstehung Jesu und doch schon Pfingsten im Auge hat?

Andrea Hendrich, Tutzing

 

Foto: Pinterest

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 ….durch seine Wunden sind wir geheilt….

Jes 53,5