Ein neues Jahr hat Einzug gehalten. 365 neue Tage liegen vor uns und wollen gefüllt werden. Es schwingen vielerlei Gefühle mit: Ängste und Bangen, auch Erwartungen und Hoffnungen.

Die Uhr gibt den Takt an. Ob mir die Zeit zu schnell vergeht oder zu langsam, der Uhr ist das egal. Sie kennt nur die messbare Zeit und hackt die Stunden in immer gleiche Minuten und Sekunden.

Die Griechen nannten die Zeit, die man messen kann, Chronos. Die andere Zeit, der ganz besondere Augenblick, die einmalige Gelegenheit, heißt Kairos. Diese abstrakten Begriffe hat man sich als Götter in menschlicher Gestalt vorgestellt. Kairos, der Gott des richtigen Augenblicks, hat in seiner Darstellung vorn Haare und am Hinterkopf ist er kahl. Das heißt: Ich kann den Augenblick nur ergreifen, wenn er auf mich zukommt - wenn er vorbei gegangen ist, von hinten, bekomme ich ihn nicht mehr zu fassen, es ist zu spät.

Manchmal muss ich warten können, bis etwas dran ist, ein Gespräch oder eine Entscheidung. Und dann wieder darf ich nicht warten, sonst versäume ich etwas, das ich nie mehr nachholen kann.

In der Bibel ist die Zeit keine Gottheit, sondern ein kostbares Gottesgeschenk. Ich möchte mich nicht durch die Tage und Jahre und letztlich durch mein ganzes Leben hetzen lassen. Ich möchte spüren, wofür es gerade Zeit ist. Einfach meinen Tag, meinen Alltag, mein Leben vor Gott bringen. Mein Leben, meinen Alltag mit Gott verbinden. In alles Ihn mit hinein nehmen, Gott tatsächlich in allem finden.

Vom Mystiker Meister Eckhart stammt die wertvolle Sentenz über das Ausfüllen der Zeit:

„Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.“

Margot Maier, Aggregierte der Ursulinen in Straubing

 

Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen;
mein sind die Jahre nicht,
die etwa mögen kommen;
der Augenblick ist mein,
und nehm‘ ich den in acht,
so ist der mein,
der Zeit und Ewigkeit gemacht.

Andreas Gryphius

 

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