Bei einer Reise durch Armenien in diesem Sommer wurde mir deutlich, welch tiefe Bedeutung das Kreuz für die Christen hat. In dem mittelalterlichen Kloster Goschawank bei Dilidschan stehen diese beiden Kreuzsteine. Man findet sie an allen alten Klosteranlagen. „Khatschkar“ werden sie genannt und stammen aus der Spätantike oder dem Mittelalter. Das Kreuz darauf ist immer von stilisierten Ranken umgeben, die teilweise aus ihm hervor wachsen. Es wird so vor allem ein Symbol für das neue Leben und verliert etwas von der Schwere des Marterwerkzeuges.

Das Bild vom Kreuz als Lebensbaum taucht in vielen Schriften und Kunstwerken des alten Christentums auf. In Stein gemeißelt fand ich es besonders eindringlich, vor dem Hintergrund einer vorwiegend trockenen, steinigen Landschaft und im Gedenken an den Genozid dieses Volkes.

„Die dornigen und steinigen Wege werden für uns zu blühenden Straßen.“ So heißt es in der Einleitung zur Regel der heiligen Angela. Können wir unsere Aufgabe als Christen nicht genau so verstehen, dass wir aus dem trockenen oder sogar dornigen Untergrund Grünes hervor wachsen lassen, Blätter, Blüten und schließlich Früchte?

Ursula Bleyenberg, Bad Tölz

 

„… ich habe euch erwählt und dazu bestimmt,
dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt…“

Joh 15, 16

  

Foto: Ursula Bleyenberg

 

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