BRESCIA

 

 

Verehrung

Vierzig Jahre nach ihrem Tod lassen die Chorherren vom Lateran an der Mauer des Grabes eine Marmortafel mit der Inschrift anbringen: CONDIT HOC VERE TUMULO ANGELA CORPORE QUID IN TERRAM TERRA TEGIT SPIRITUS ASTRA TENET.

Angela war 1769 seliggesprochen worden; ihr Leichnam blieb noch bis zum 12. April 1777 in der Krypta. Dann überführte man ihn feierlich in die Kapelle rechts vom Hauptaltar der Oberkirche. Im Jahr 1930 fertigte Giovanni Tagliaferri den ersten Sarkophag aus Glas an, der mit Morettos hölzerner Tafel abgedeckt wurde.

Die Verehrung Angela Mericis wurde schon bei der Überführung des Leichnams in die Kirche deutlich. Der bei Turlino gedruckten Regelfassung war ein Anhang der Bischof Ferretti aus dem Jahr 1545 beigefügt: „conoscentes devotionem S. quondam muliereis“, wobei die Abkürzung S. zweifellos für „Santae“ steht. Diese so genannte Confirmation fand im Seligsprechungsprozess als Zeugnis für die Heiligkeit Beachtung.

1568 führte Giovan Battista Nazari im Auftrag der Mütter der Gemeinschaft eine Befragung von noch lebenden Zeitzeugen durch, die zur Vorbereitung des offiziellen Prozesses gedacht war. Nazari verarbeitet die Aussagen zu einer Vita, der er die Überschrift gibt: „Libro della Reveranda et quasi Beata Madre Suor Angela…“

Bei seiner Visitation der Gemeinschaft in Brescia äußert Kardinal Borromeo seine feste Absicht, beim Papst die Heiligsprechung durchzusetzen. Dass trotzdem über 250 Jahre vergingen, hatte kirchenrechtliche und politische Gründe.

1589 wurden einige Reliquien Angela Mericis mit päpstlicher Genehmigung den Kapuzinern von San Giovanni di Barbarano im Gebiet von Salò zur Verehrung überlassen.

Das Verfahren der Heiligsprechung wurde von Papst Urban VIII. ab 1625 strengen Regeln unterworfen. So kam es erst 1718 zur Eröffnung des kanonischen Prozesses für Angela Merici.

Zu dieser Zeit hatten die Ursulinen in Frankreich bereits die monastische Form des Ordens angenommen. In verschiedenen Zeugnissen wird deutlich, dass alle Zweige des Ordens Angela Merici als Selige verehren. Sie haben sogar eigene Texte für das Stundengebet.

In Dezenzano billigte der Gemeinderat einstimmig den Vorschlag, der ehrwürdigen Tochter der Gemeinde in der Pfarrkirche einen Altar zu errichten. Ferner beschlossen die Ratsherren, für ihren Sitzungssaal ein großes Ölgemälde mit der Schmerzensmutter, der heiligen Maria Magdalena und der seligen Angela anfertigen zu lassen.

Der Prozess wurde von den Ursulinen des Klosters in der Via Vittoria in Rom betrieben. Madre Maria Luigia di S. Giuseppe Schiantarelli wird durch umfangreichen Briefwechsel mit Ursulinenkloster in aller Welt – ca. 2000 Briefe bewahrt das Generalarchiv der Römischen Union auf – zur treibenden Kraft. Im offiziellen Prozess wird sie als erste Frau zur Postulatorin gewählt.

Der erste Teil – die Seligsprechung – fand ab 1770 in der Diözese Brescia statt. Natürlich werden auch die dortigen Ursulinen befragt. Ihr Bild der Gründerin ist geprägt durch 1648 die erschienene, sehr subjektiv gestaltete Biographie von Jean Hughes Quarré und durch die eigene monastische Lebensform. Von daher sind manche Verzeichnungen in die tradierte Angela-Ikonographie gelangt.

Zum Abschluss dieses Prozesses fand 1777 Besichtigung des Leichnams statt, anschließend wurde sie in einem neuen Sarkophag in die Oberkirche überführt.

Der zweite Teil des Prozesses fand in Rom statt. Bemerkenswert ist, dass er als „processus de casu excepto“, also als „Sonderfall“ behandelt wurde, weil nachgewiesen wurde, dass der Ruf der Heiligkeit und der Kult gleich nach ihrem Tod einsetzten. Auf Grund dessen erreichte die Postulatorin den Verzicht auf ein viertes anerkanntes Wunder. Das Heiligsprechungsdekret wurde am 15.08.1790 ausgefertigt. Die Französische Revolution mit ihren unzähligen Märtyrern, auch unter den Ursulinen, und die anschließende napoleonische Herrschaft verzögerten die feierliche Verkündung. Madre Luisa, die unermüdliche Postulatorin, erlebte den letzten Schritt nicht mehr; sie starb am 26. Januar 1802. Erst am 24.05.1807 wurde die Heiligsprechung Angela Mericis feierlich im Petersdom begannen.

Als die Kirche Sant’Afra nach dem Krieg wiedererbaut war und 1951 der Sarkophag wieder in die Seitenkapelle gebracht werden konnte, erhielt die Kirche zugleich den Namen Chiesa Sant’Angela Merici.

Während Desenzano Angela Merici bereits 1962 zur Stadtpatronin erhob und die Erinnerung an sie hier auch in der Bevölkerung lebendig ist, entschied sich Brescia erst 2007 anlässlich des 200. Jahrestages der Heiligsprechung dazu.

 

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Chiesa Sant'Angela, Grabmal Angela Mericis in der Krypta

 

Madre Maria Luigia Schiantarelli

 

Chiesa Sant'Angela, Detail des Anglea-Altars